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Nach Amerika! - ebook
Nach Amerika! - ebook
Friedrich Gerstäcker wurde am 10.05.1816 in Hamburg geboren. 1837 wanderte er nach Amerika aus, wo er ein abwechslungsreiches und abenteuerliches Leben als Matrose, Heizer, Jager, Farmer, Koch, Silberschmied, Holzfaller, Fabrikant und Hotelier fuhrte. Nach einigen Jahren jedoch führte ihn sein Weg zurück nach Deutschland, wo er seine Erfahrungen, die er im fremden Land gemacht hatte, niederschrieb und sehr schnell zu einem beliebten Autor avancierte. In den darauffolgenden Jahren unternahm er weitere Reisen, unter anderem nach Afrika, Südamerika und in die Goldsucher-Regionen rund um Kalifornien. Dieses Buch in sechs Bänden ist eine Auswanderersaga und erzählt vom Leben der Neuankömmlinge in Amerika. In seiner unnachahmlichen Art erzählt der deutsche Reiseschriftstellers von seinen Erlebnissen in der neuen Welt.
Kategoria: | Classic Literature |
Język: | Inny |
Zabezpieczenie: |
Watermark
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ISBN: | 978-83-8148-417-6 |
Rozmiar pliku: | 3,5 MB |
FRAGMENT KSIĄŻKI
Erster Band
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Capitel 1. Das Dollinger'sche Haus.
Capitel 2. Der rothe Drachen.
Capitel 3. Der Diebstahl.
Capitel 4. Franz Loßenwerder.
Capitel 5. Die Auswanderungs-Agentur.
Capitel 6. Die Weberfamilie.
Capitel 7. Nach Amerika.
Capitel 8. Der Tanz im rothen Drachen.
Capitel 9. Rüstungen.
Capitel 10. Die beiden Familien.
Zweiter Band
Capitel 1. Die Seestadt.
Capitel 2. Der Weserkahn.
Capitel 3. Das Schiff.
Capitel 4. In See.
Capitel 5. Die Passagiere.
Capitel 6. Leben an Bord.
Capitel 7. Leben an Bord.
Capitel 8. Die Entdeckung.
Capitel 9. Land.
Dritter Band.
Capitel 1. Die Mündung des Mississippi
Capitel 2. New-Orleans
Capitel 3. An Land
Capitel 4. Abschied der Passagiere
Capitel 5. Der Mississippi
Capitel 6. Leben an Bord des Dampfers
Capitel 7. Die Ufer des Mississippi und Ohio
Capitel 8. Die Farm in Indiana
Capitel 9. Das deutsche Wirthshaus in New-Orleans
Vierter Band.
]
Capitel 1. Die Fahrt durch Arkansas.
Capitel 2. Die Gräfin Olnitzka.
Capitel 3. Der alte Herr Hamann.
Capitel 4. Verschiedene Beschäftigungen.
Capitel 5. Literarische Bekanntschaften.
Capitel 6. Der Feuermann.
Capitel 7. Die Deutschen in Cincinnati.
Capitel 8. Professor Lobenstein als Farmer.
Capitel 9. Herrn von Hopfgartens Abenteuer.
Fünfter Band.
Capitel 1. Von Hopfgartens Abenteuer. Fortsetzung.
Capitel 2. Die Farm in der Wildniß.
Capitel 3. Vater und Sohn.
Capitel 4. Alte Bekannte.
Capitel 5. Herr von Hopfgarten.
Capitel 6. In Indiana.
Capitel 7. Mariens Geburtstag.
Capitel 8. In Michigan.
Sechster Band.
Capitel 1. Ein Sheriffsverkauf in Arkansas.
Capitel 2. Maulbeere in der Betversammlung.
Capitel 3. Der wandernde Krämer.
Capitel 4. Georg und Marie.
Capitel 5 Jimmy.
Capitel 6. Kapellmeister Eltrich.
Capitel 7. Meier, Pelz & Co.
Capitel 8. Die Überraschung.
Capitel 9. Das Haus im Walde.
Capitel 10. Der rothe Drachen bei Heilingen.Erster Band
Capitel 1.
Das Dollinger'sche Haus.
Im Hause des reichen Kaufmanns Dollinger zu Heilingen — einer nicht unbedeutenden Stadt Deutschlands — hatte am Sonntag Mittag, ein kleines Familienfest die Glieder des Hauses um den Speisetisch versammelt, und diesen heute in außergewöhnlicher Weise mit Blumen geschmückt, und delicaten Speisen und Weinen gedeckt. Es war der Geburtstag der zweiten Tochter des Hauses, der liebenswürdigen Clara und nur ihr erklärter Bräutigam, ein junger deutscher, in New-Orleans ansässiger Kaufmann, als Gast der Familie zugezogen worden.
Am oberen Ende des Tisches, um dem Leser die Personen gleich in Lebensgröße vorzuführen, saß Vater Dollinger, ein etwas wohlbeleibter aber behäbiger, stattlicher Mann, mit klaren, blauen, unendlich gutmüthigen Augen und schneeweißen Locken und Augenbrauen, die aber dem edel geschnittenen Gesicht gar gut und ehrwürdig standen. Ihm zur Rechten saß seine Frau, allem Anschein nach etwa funfzehn oder sechzehn Jahre jünger wie er selber, und durch ihr volles, dunkelbraunes Haar vielleicht auch noch sogar jünger aussehend, als sie wirklich war. Sie ebenfalls, mit ihrer stattlichen Gestalt, hatte einen leichten Anflug zu Corpulenz, aber das etwas ausgeschnittene Kleid, wie die schwere goldene Kette, Broche und Ohrringe, die sie fast etwas zu reichlich schmückten, paßten nicht ganz zu dem sonst so freundlichen, matronenhaften Aeußern.
Clara neben ihr, war das veredelte Bild der Eltern; die lieben treublauen Augen schauten gar so vertrauungs- und unschuldsvoll hinein in die Welt, an deren Schwelle sie stand, und die ihr, wie ein eben geöffnetes, prachtvoll gebundenes Buch auf den ersten, flüchtig durchblätterten Seiten, nur freundliche Blumen und ihr zulächelnde Gestalten zeigte. Kein Schmerz hatte diese engelsanften Züge noch je durchzuckt, keine Thräne wirklichen Schmerzes den reinen Blick getrübt, und die ganze zarte, sinnige Gestalt glich der eben entkeimenden Frühlingsblüthe im sonnigen Wald, die dem jungen Frühlingstag in Glück und Unschuld die schwellenden Lippen zum Kusse bietet, und in der blitzenden Thauperle ihres Kelchs, den reinen Aether über sich, nur schöner, nur glühender zurückspiegelt.
Ihre um nur wenige Jahre ältere Schwester, Sophie, die an des Vaters Seite saß, ähnelte der Schwester in mancher Hinsicht an Gestalt, aber das einfach kindliche, was Clärchen jenen unendlichen Reiz verlieh, fehlte ihr. Ihre Gestalt warvoller, majestätischer, aber auch ihr Blick mehr kalt und stolz; »ich bin des reichen Dollingers Kind« lag klar und deutlich in den scharf zusammengezogenen Mundwinkeln, in dem fest und entschieden, blitzenden Auge, und auch ihre Kleidung, ihr Schmuck war, wenn nicht reicher, doch jedenfalls mehr in's Auge springend, Bewunderung fordernd.
Zwischen Beiden saß Clara's Bräutigam, ein junger, bildhübscher Mann in moderner, fast für einen Mann etwas zu gewählter und sorgfältig geordneter Kleidung; er trug das Haar in natürlichen dunkelbraunen Locken und das Gesicht glatt rasirt, bis auf einen kleinen, aufmerksam gekräußten, und nur bis zur halben Backe reichenden Backenbart, an den Fingern aber mehre sehr kostbare Diamant-Ringe, eine Brillant-Tuchnadel von prachtvollem Feuer, und eine schwere goldene, ebenfalls mit kleinen Edelsteinen besetzte Uhrkette.
Die Bekanntschaft Clara's und ihrer Eltern hatte er dabei auf eine etwas romantische Weise, und zwar gleich als ihr Lebensretter oder doch Befreier aus einer nicht unbedeutenden Gefahr gemacht. Herr und Frau Dollinger waren nämlich mit ihren beiden Töchtern im vorigen Herbst auf einer Rheinreise bei Rüdesheim aus- und zu dem kleinen Waldtempel oben über Asmannshausen hinaufgestiegen, um sich von dort nach dem Rheinstein übersetzen zu lassen; die Mutter hatte aber durch das nicht gewohnte Bergsteigen heftige Kopfschmerzen bekommen oder, was wahrscheinlicher ist, ennuyirte sich am Land und wünschte an Bord des Dampfers zurückzukehren, und als sie gerade mit dem Kahn über den Rhein fuhren, kam ein Dampfboot stromab, und hielt auf ihr Winken, sie an Bord zu nehmen. Herr und Frau Dollinger, mit Sophie, von den Kahnführern unterstützt, hatten auch schon glücklich die Treppe und das Deck erreicht, und dicht hinter ihnen folgte Clara, als diese sich plötzlich erinnerte, ihre Geldtasche im Kahn vergessen zu haben, und anstatt diese sich heraufreichen zu lassen, selber wieder zurücksprang sie zu holen. Durch das Hineinspringen fing aber der schmale Kahn an zu schwanken, während sie, die vergessene kleine Tasche aufhebend, das Gleichgewicht verlor und, mit dem Kopf voran, in den Rhein stürzte. Unglücklicher Weise waren gerade in dem nämlichen Augenblick die Kahnleute an Deck des Dampfers gestiegen, den Koffer eines Passagiers, der mit an Land fahren wollte, in ihren Kahn zu heben, und wenn sie jetzt auch, auf das Geschrei an Bord, rasch in diesen zurücksprangen, trieb doch Clara schon hinter dem Dampfboot aus, als der junge, eben von Amerika zurückgekehrte Mann, der dem ganzen Vorfall vom Deck des Dampfers zugesehn, mit keckem Muth ins Wasser sprang und die Jungfrau doch wenigstens so lange an der Oberfläche unterstützte, bis das Boot herbeikam sie beide aufzunehmen.
Das Weitere nahm einen ziemlich einfachen Verlauf, Joseph Henkel, wie der junge Mann hieß, gewann sich in den nächsten Wochen, die er in der Gesellschaft der ihm zu großen Dank verpachteten Familie zubrachte, die Achtung des Vaters und die Liebe von Mutter und Tochter, und als er zuerst bei der Mutter um die Hand der Tochter anhielt, sagten Beide nicht nein. Allerdings wollte der Vater erst, wenn auch nichtgerade Schwierigkeiten machen, doch etwas Genaueres über die Existenzmittel eines Mannes erfahren, dem er das Glück und Leben eines lieben Kindes anvertrauen sollte. Henkel selber bot ihm dazu die Hand und gab ihm Adressen an verschiedene Häuser in New-Orleans, die ihm über seine dortige Stellung genaue Auskunft geben konnten.
Nach seinem Vermögen mochte der alte Dollinger, wenn auch Kaufmann, nicht so genau forschen; er war selber reich genug, einen reichen Schwiegersohn entbehren zu können, und etwas Vermögen mußte der junge Mann haben, dafür bürgte sein ganzes Auftreten, bürgte besonders in den Augen seiner Frau der reiche und wirklich kostbare Schmuck, den er trug. Joseph Henkel war aber auch außerdem ein interessanter und sehr gescheidter Mann, der Manches in der Welt schon gesehen und erlebt, und das Gesehene und Erlebte mit lebendigen Farben und Worten zu schildern wußte. Er hatte die ganzen Vereinigten Staaten von Nord nach Süd und von Ost nach West durchstreift, und dort theils seinen Geschäften gelebt, theils gejagt, sogar ein kleines Dampfschiff auf dem Arkansas laufen gehabt, mit den Indianern Handel zu treiben, und ihnen die Produkte des Ostens gegen ihre eigenen Fabrikate und den Gewinn ihrer Jagden einzutauschen. Er war auch einmal von jenen wilden trotzigen Stämmen, die uns Cooper so herrlich und unübertroffen beschrieben, gefangen genommen und zum Opfertod verdammt, und damals wirklich nur durch ein halbes Wunder gerettet worden, und Clara hatte eine ganze Nacht nicht schlafen können, nur in der Angst und Unruhe um die entsetzliche Gefahr, der sich der tollkühne Mensch damals schon ausgesetzt.
Der junge Mann schien aber zwischen jenen wilden Stämmen den Umgang mit civilisirten Menschen keineswegs verlernt zu haben, und besaß ganz besonders ein fast wunderbares Geschick, sich seiner Umgebung anzuschmiegen, und sich in ihre Charaktere ordentlich hineinzuleben. Als ein tüchtiger und raffinirter Kaufmann, der vorzüglich eine vortreffliche statistische Kenntniß der Union besaß, gewann er sich dabei, und gleich von allem Anfang an, die Achtung des alten Dollinger. Der Frau aber hatte er leicht ihre kleinen, oft liebenswürdigen Schwachheiten abgelauscht, und wußte ihnen auf so geschickte Art zu begegnen, daß Frau Dollinger, mit der Rettung des geliebten Kindes im Hintergrund, schon nach sehr kurzer Zeit ganz entzückt von ihm war, und sein Lob dem Gatten unaufhörlich redete. Auch mit der älteren Schwester, Sophie, wußte sich Henkel bald auf guten Fuß zu stellen; er hatte bei ihr das leichteste Spiel, denn ihre Schwächen lagen offen zu Tag, denen aber schmeichelte er mit solcher Liebenswürdigkeit, daß ihm Clara, die es fühlte wie er dabei aus sich herausging und etwas annahm was ihm nicht natürlich war, oder doch jedenfalls dem Mann, den sie liebte, nicht natürlich sein sollte, dennoch nicht böse darüber werden konnte.
Desto freier, offener und natürlicher war er dafür gegen sie selber; er las, sang und spielte Pianoforte mit ihr, lehrte sie eine Menge kleiner reizender, schottischer und irischer Lieder, oder plauderte mit ihr leicht und sorglos Stunden lang in den Tag hinein, und konnte oft so herzlich dabei lachen, daß es Einem ordentlich gut that, ihm zuzuhören. Selbst Sophie entsagte dann nicht selten ihrem sonst etwas mehr abgeschlossenen, fast steifen Wesen und kam zu ihnen, Theil an ihrer Fröhlichkeit zu nehmen.
Nur in den letzten Tagen war der junge »Amerikaner« wie er im Hause gewöhnlich scherzhaft hieß, oder der »Delaware« wie ihn Sophie, wenn sie manchmal bei recht guter Laune war, nannte, auffällig niedergeschlagen gewesen; er hatte Briefe von Amerika bekommen, wie er sagte, und ein sehr lieber Freund von ihm war dort schwer erkrankt, auch ein Schiff das ihm gehörte, und das nicht versichert worden, so lange ausgeblieben, daß sein Compagnon fast den Untergang desselben befürchte. Der alte Herr Dollinger tröstete ihn deshalb, und er schien sich auch darüber hinwegzusetzen, die sonst so blühende Farbe seiner Wangen wollte aber doch nicht sogleich wieder dorthin zurückkehren, und das Auge hatte etwas Unsicheres, Unstätes, ihm sonst gar nicht Eigenes bekommen.
Nur heute, zu dem Fest der holden Jungfrau, die er bald die seine zu nennen hoffte, hatte er all die trüben Gedanken, welcher Art sie auch gewesen, und woher sie stammten, von sich abgeschüttelt, und war ganz wieder der frohe glückliche Mann, wie ihn Clara kennen — lieben gelernt. Auf seinen Wunsch nur, womit Frau Dollinger eigentlich nicht ganz einverstanden gewesen, war auch heute keine größere Gesellschaft geladen worden, sondern die kleine Familie speiste ganz »unter sich« in dem festlich mit Blumen und Guirlanden geschmückten Zimmer des jungen liebenswürdigen Geburtstagkindes. Frau Dollinger hatte sich eigentlich schon länger auf eine zu diesem Zweck einzuladende, größere Gesellschaft gefreut. Herr Dollinger selber hielt aber nicht viel von solchen Fêten; dafür jedoch bedung sie sich aus, daß sie wenigstens den Nachmittag spatzieren fahren wollten, wobei sie der junge Henkel gewöhnlich zu Pferde begleitete.
Etwas that aber der alte Herr Dollinger gern, und zwar ein Glas Champagner trinken, und der zweite Stöpsel war eben lustig hinausgeknallt, der Gesundheit des »jungen Brautpaares« zu Ehren, als die Thür aufging und Loßenwerder, ein Comptoirdiener des Hauses, mit einem kleinen Paket in's Zimmer trat.
Loßenwerder war schon seit elf oder zwölf Jahren im Haus, und seinem Aeußern nach eben keine angenehme Persönlichkeit; er hinkte auf dem linken Bein, das er als Kind einmal gebrochen, war überhaupt häßlicher und magerer Natur, und schielte auf dem rechten Auge, wodurch sein sonst gerade nicht unangenehmes Gesicht einen etwas falschen Ausdruck bekam. Das Störendste aber an dem ganzen Menschen war sein Stottern, wegen dem man sich auf ein längeres Gespräch gar nicht mit ihm einlassen konnte, und kam er einmal in Affekt, konnte er kein Wort mehr herausbringen. Frau Dollinger sowohl wie Sophie konnten ihn auch nicht leiden, ja die letztere behauptete sogar er verstelle sich und sie habe ihn schon ganz ordentlich, wenigstens zehntausend Mal besser sprechen hören, als er es jedesmal affektire, wenn er zu ihnen in die Wohnunkomme; Clara aber hatte Mitleid mit dem armen Menschen, den sie seines Unglücks wegen innig bedauerte, schenkte ihm oft eine Kleinigkeit und spottete nie über ihn, während Herr Dollinger selber, ihn als einen brauchbaren und treuen Diener, der noch außerdem eine vortreffliche Hand schrieb, kannte und sehr zufrieden mit ihm war, ihm auch jedes nur mögliche Vertrauen bewieß.
»Hallo, Loßenwerder, was bringst Du mir da in's Haus?« rief ihm sein Principal jetzt halb lachend, halb erstaunt entgegen, als der kleine Mann das Zimmer betrat und schüchtern an der Thüre stehen blieb — »ist das für mich oder meine Tochter?«
»Gewiß für mich, Väterchen,« rief Clara, rasch von ihrem Sitze aufspringend — »siehst Du, der Onkel hat mich doch nicht ganz vergessen mit meinem Fest, und mir Gruß und Geschenk geschickt.«
»Hehehe — mö — mö — möchten es sich wo — wo — wo — wo — wohl wü — n — nschen Fräulein« lachte aber der Stotternde, indem er Herrn Dollinger zuwinkte, daß das Paket für ihn sei — »ka — ka — ka — kann ich mir de — de — de — de — denken — Go — go — gold und Ba — ba — ba — ba — bank — no — noten.« Er zog dabei einen Brief aus der Tasche, den er dem Herrn übergab.
»Hm, hm, hm« sagte aber dieser kopfschüttelnd, »und das bringst Du mir jetzt in's Haus — gerade wo ich ausfahren will — warum hast Du es denn nicht dem Cassirer gegeben?«
»Ni — ni — nirgends zu fi — fi — fi — finden« stotterte Loßenwerder.
Herr Dollinger warf den Kopf, den Brief flüchtig durchfliegend, herüber und hinüber, sagte dann aber, aufstehend und das Papier vor sich hinlegend:
»Ja, da läßt sich denn weiter Nichts ändern; gieb mir das Paket Loßenwerder, und sieh dann zu, daß Du Herrn Reibich findest. Ich lasse ihn bitten um sieben oder halb acht Uhr heute Abend auf einen Augenblick zu mir zu kommen — verstanden?«
»Ja — ja — jawohl He — he — he — herr Do — do — do — Do — «
»Schon gut« lachte Herr Dollinger, ihm zuwinkend, »und hier, Loßenwerder, magst Du auch einmal ein Glas auf das Wohl meiner Tochter trinken. Fräulein Clara's Geburtstag ist heute — hier Clara, reich es dem jungen Herrn.« Er füllte dabei ein Wasserglas bis zum Rande voll von dem funkelnden, schäumenden Naß, und während Clara mit freundlichem Lächeln dem armen Teufel das Glas credenzte, nahm Herr Dollinger das Paket mit Geld, ging zu dem nahen Secretair, in dem der Schlüssel stak, öffnete ihn, legte das Geld hinein, zog dann den Schlüssel ab und sagte, diesen der Tochter überreichend:
»So Kinder, heute müßt Ihr einmal auf ein paar Stunden mein Cassirer sein, bis der andere aufgefunden werden kann.«
Clara nickte dem Vater freundlich zu, und Loßenwerder,der das volle Glas in der Hand hielt und auf einmal ganz blutroth im Gesicht geworden war, hob es empor und rief stotternd:
»Fr — re, re, re, re, re, räu — le — le — lein Cla — ra — ra — ra — ra — aus ga — ga — ganzem He — he — he — he — he — he — her — ze — ze — zen.«
Als ob er aber mit den Worten in der Kehle Luft gemacht, setzte er das Glas an, und der Wein verschwand wie durch Zauberei.
»Alle Wetter« lachte Herr Dollinger, der sich gerade nach ihm umdrehte, »Loßenwerder hat einen vortrefflichen Zug — nun? — hat's geschmeckt?«
»Gu — gut Herr Do — do — do — do — do.«
»Genug, genug« winkte ihm der Principal wieder ab — »also bestell mir das ordentlich.«
Loßenwerder, der Art entlassen, und vielleicht froh aus einer Umgebung zu kommen, in der er sich nicht heimisch fühlen konnte, setzte das Glas auf einen Seitentisch ab, machte eine etwas linkische Verbeugung, und wohl wissend daß er zu einem ordentlichen Danke doch keine Zeit mehr übrig hatte, empfahl er sich ohne weiter auch nur einen Versuch zu mündlichem Abschied zu machen.
»Eine unangenehme Persönlichkeit« sagte Frau Dollinger zu ihrem Schwiegersohn in spe, als der Mann noch die Thür nicht einmal ordentlich hinter sich geschlossen hatte; »ich kann mir nicht helfen, auf mich macht der Mensch immer einen fatalen Eindruck.«
»Wie — wie befehlen Sie meine Gnädige?« sagte der junge Henkel etwas zerstreut; Sophie bog sich in diesem Augenblick zu ihm nieder und flüsterte ihm ein paar Worte zu —
»Er kann ja doch Nichts für seine Gebrechen« nahm Clara aber die Antwort auf, »und thut gewiß Alles in seinen Kräften sie eben durch gutes Betragen vergessen zu machen.«
»Papa, ich würde das Geld auch nicht so offen in dem Secretair da liegen lassen« sagte Sophie.
»Nicht so offen? — ich habe ja zugeschlossen — «
»Nun, es ist immer nicht gerade gut, wenn die Dienstleute wissen wo man Geld liegen hat« stimmte die Mutter bei.
»Dienstleute?« meinte Herr Dollinger — es war ja Niemand von ihnen im Zimmer — «
»Doch Loßenwerder?«
»Bah« lachte der Kaufmann, mit dem Kopf schüttelnd.
»Ist es denn viel?« frug seine Frau.
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